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Whats App

Ich weiß gar nicht, ob mich irgendwer verstehen kann. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich mich überhaupt selber verstehe. Aber ich habe das Gefühl, WhatsApp macht mich ein bisschen verrückt.

 

Es ist mir schon klar, ausgerechnet hier, in einem Blogpost über WhatsApp zu schreiben, ist in sich schon ein bisschen schräg. Letztenendes ist ja auch mein Blog ein Teil im großen SocialMedia-Zirkus und trotzdem, für mein Empfinden auf jeden Fall, hat WhatsApp noch eine andere Qualität.

 

Es liegt vielleicht an diesen unsäglichen Gruppen. Kaum ist man Teil einer tatsächlichen Gruppe, sei es ein Kollegium, ein Sportverein, mit Menschen, mit denen man einem Hobby nachgeht, wird man auch schon, ob man nun will oder nicht, einer virtuellen Gruppe bei WhatsApp zugefügt. Und natürlich ist das auch praktisch, um Termine zu vereinbaren und um Informationen schnell an den Mann zu bringen. Wenn es gut läuft. Wenn es schlecht läuft allerdings, dann wird in WhatsApp-Gruppen gemauschelt und gehetzt, vorzugsweise natürlich gegen jemanden, der in der Gruppe gerade nicht anwesend ist, oder, während man noch im Vordergrund in der einen Gruppe in einem Chat aktiv ist, chattet man im Hintergrund schon mit einem anderen Gruppenmitglied ganz im Privaten und macht sich über das lustig, was in der Gruppe passiert. Und gerade im schulischen Bereich laufen Dinge über WhatsApp-Gruppen, die man sich manchmal nicht einmal in seinen kühnsten Träumen hätte vorstellen können.

 

Aber egal, ob es nun gut läuft oder schlecht, ich finde WhatsApp mittlerweile echt anstrengend. Ich glaube, in erster Linie liegt das daran, dass die Tendenz immer mehr dahin geht, Unterhaltungen eher auf WhatsApp zu führen als, wie früher, im wirklichen Leben: Zum Beispiel in Briefen, meinetwegen auch virtuell, am Telefon oder so ganz altmodisch von Angesicht zu Angesicht. Stattdessen werden lange Sprachnachrichten aufgenommen und während man noch die eine Nachricht hört oder darauf schon antwortet, sieht man schon, dass die nächste Sprachnachricht aufgenommen wird und so führt man statt einer Unterhaltung gleich zwei oder drei Parallelunterhaltungen mit ein und derselben Person oder eben vielfach mehr mit mehr als einer Person.

 

In Gruppenchats wird das dann noch anstrengender, wenn man ständig verschiedenen Menschen auf irgendwas antwortet, während andere Gruppenmitglieder schon wieder auf etwas anderes antworten oder, schlimmer noch, vielleicht zusätzlich noch ein bis zwei neue Gesprächsthemen eröffnen. Und immer so weiter.

 

An besondern kommunikativen Tagen finde ich auf meinem Handy, wenn ich es ein paar Stunden zur Seite gelegt hatte, vielleicht hundert oder zweihundert Nachrichten bei WhatsApp vor und habe das Gefühl, die Welt muss untergegangen sein, mindestens, bei so einem regen Nachrichtenaustausch.

 

Und es dauert dann ewig, bis ich alle Nachrichten angehört oder gelesen und eventuell sogar darauf geantwortet habe. Meistens habe ich in letzter Zeit darauf verzichtet. Es ist einfach so viel Lebenszeit dabei drauf gegangen. Davon abgesehen, dass ich bei mir selber beobachtet habe, dass es mir geradezu schwer fiel, mich länger als eine halbe Stunde auf irgendetwas zu konzentrieren, ohne zwischendrin zwanghaft mein Handy in die Hand zu nehmen und auf eventuell eingegangene WhatsApp-Nachrichten zu überprüfen.

 

Natürlich mag das alles an meinen eigenen Suchtstrukturen liegen, keine Frage. Ich erlebe allerdings auch bei Freunden und Kollegen oft, dass das Handy keine Handbreit entfernt auf dem Tisch liegt, immer griffbereit, und dass, sogar mitten im Gespräch, das Handy immer wieder auf ankommende Nachrichten überprüft wird, die dann oft auch sofort beantwortet werden. Bis zu 300 mal am Tag, habe ich gelesen, unterbrechen Menschen ihr Tun, um schnell einmal ihr Handy zu checken. Klingt für mich gar nicht so wahnsinnig abwegig.

 

Jedenfalls: Ich will das nicht mehr. Ich habe, etwas theatralisch gesagt, das Gefühl, diese parallelen und zeitaufwendigen WhatsApp-Konversationen essen meine Seele auf. Buchstäblich. Ich habe das Gefühl, ich zerlege mich Tag für Tag in viele verschiedene Teile, während jeder einzelne Teil von mir in verschiedenen WhatsApp-Chats präsent ist.

 

Ich habe WhatsApp also auf stumm geschaltet und allen meinen Freunden gesagt, wenn sie etwas Dringendes von mir wollen, sollen sie mich anrufen. Ganz altmodisch. Oder, wenn es nicht ganz so dringend ist, semialtmodisch eine email schreiben. Im Freundeskreis wurde darauf nicht unbedingt immer verständnisvoll reagiert. Am wenigsten Verständnis allerdings äußert WhatsApp selber. In unregelmäßigen Abständen fordert die App mich auf, doch endlich mal meine Benachrichtigungsfunktion wieder zu aktivieren, sogar mit einer kleinen Anleitung, wie ich das machen kann, sollte ich aus lauter Trotteligkeit selbige vorher unabsichtlich deaktiviert haben.

 

Ich habe zwar das Gefühl, bis zu meiner Gesundung dauert es noch ein bisschen. Ich bin wahrscheinlich mittlerweile schon ein mittelschwerer Fall. Aber immerhin habe ich einen ersten Schritt getan, mir ein Stück Leben von WhatsApp zurückzuholen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Diana (Donnerstag, 10 Oktober 2019 20:48)

    Dir geht es nicht allein so. Mich nervt diese Art der Kommunikation auch des öfteren. Die App ist sehr praktisch, keine Frage, man kann recht einfach Dinge mit den Gruppenmitgliedern absprechen, mit Menschen, die man gern bei sich hätte Erlebnisse teilen. Aber man braucht sich nichts mehr zu merken, was man jemandem erzählen will, man kann sich nicht auf den Moment konzentrieren, weil man auch im Moment der anderen ist, überall gleichzeitig und nirgends richtig. Du bist also nicht allein mit deinem Missfallen und die anderen gewöhnen sich daran, dass du dich nicht daran beteiligst.
    Beste Grüße